WM 2025, Arco-Gardasee, 22. - 29.8.

Mit 136 Teams aus 14 Nationen ist ein grosses Feld zusammen gekommen – das grösste je ausserhalb von Grossbritannien. Trotzdem starten alle gemeinsam auf einer Linie, zweigeteilt mit der Wettfahrtleitung in der Mitte.

Teams aus 14 Nationen am Start (Foto U. Härdi)

Über 130 Boote zu empfangen ist keine leichte Sache.Wer es durch den Verkehr bis zum Club geschafft hatte, wurde freundlich durch die Schranken und Tore gewiesen. Platzanweisung gab es nicht, lediglich die Anhänger mussten möglichst schnell auf den Parkplatz außerhalb gebracht werden. Barbara und die restlichen Sekretärinnen taten ihr Bestes, alle auftauchenden Fragen zu beantworten. Alles war digital zu lesen, nur das Club-WLAN versagte die ganze Woche seinen Dienst. Das war aber nur für einige SUI Handys ein Problem…
Eine WM beginnt immer mit der Vermessung der Boote. Ob diese stressig ist oder einfach Pflichtübung hängt davon ab, wie sie organisiert ist. In diesem Fall war der Ablauf ein schlechtes Beispiel: Zu wenig Personal, ungeschickte Messmethoden, suspekte Waagen, sturer Chefvermesser. So wurden einige Boote, Schwerter und Ruder als zu leicht taxiert. Zusätzliches Blei wurde verordnet. Die Suche danach war nervenaufreibend…
Alle SUI Boote kamen ohne Beanstandung durch. Sie haben scheinbar genug Gewichtsreserve. Schliesslich waren bis Samstagmittag alle Boote vermessen und das Material mit den nötigen Stickers versehen.
Die versprochenen Practice Races vom Samstag wurden auf eines reduziert. Dabei wurde aufgedeckt, dass die Definition der Startlinie in den SI nochmal überdacht werden musste.
Die Eröffnung mit Fahnen- und Redenhalten ging schnell über die Bühne. So stand dem weltmeisterlichen Segeln nun nichts mehr im Weg.

Sonntag, 24.8.: Tag 1, Rennen 1 & 2
Bei Sonnenschein funktionierte die Windmaschine Gardasee tadellos. Um 13 Uhr ging die WM wie geplant los. Ein Start für alle. Die zweigeteilte Linie mit Wettfahrtleitung in der Mitte ging erstaunlich gut. Mit U-Flag gab es keine Massenfrühstarts, lediglich einzelne UFDs . Yves Mermod/Maja Siegenthaler (SUI) starteten excellent in die WM. Bei 10-15 Knoten Ora fuhren sie in der Spitze mit (2 & 3). Voraus segelten zweimal Dj Edwards/Vyv Townend (GBR). Ebenso gut wie die Schweizer waren Brednan Garner/Ben O Brian (AUS) mit 3 & 2. Die weiteren SUI waren mehr oder weniger im Mittelfeld unterwegs, welches ziemlich gross und dicht gedrängt war: 26. Mermod C./Moser, 42. C. Härdi/Landerer C., 60. L. Markwalder/Frei, 65. R. Baumgartner/Schärer, 77. Landerer T./Frank, 87. Bacher/M. Bacher, 90. Landerer R./Horvath, 102. M. Suter/Böhm. Für Montag war Startbereitschaft wieder auf 13 Uhr angesetzt. Resultate | Fotos

Dj Edwards/Vyv Townend (GBR) mit 2 Laufsiegen in Führung (Foto U. Härdi)

Montag, 25.8.: Start Race 3 um 13 Uhr, gefolgt von Race 4
Bei knackigen 25 Knoten Ora legten Yves Mermod/Maja Siegentaler (SUI) im 3. Rennen einen 2. Rang nach. Laufsieger waren diesmal Peter Gray/Richard Pepperdine (GBR), 3. DJ Edwards/Vyv Townend. Im Race 4 fuhren Edwards/Townend erneut zuvorderst. Bei Yves und Maya brach auf der zweiten Kreuz an 3. Stelle liegend das Fockfall und in der Folge auch der Mast. Als 2. kamen Georgia Booth/Oli Davenport (GBR) ins Ziel, als 3. Graham und William Cook (GBR). Die restlichen SUI tummelten sich weiterhin im erweiterten Mittelfeld. Noch war kein Streicher in Kraft. Resultate

Das Mittelfeld ist dicht (Foto U. Härdi)

Dienstag, 26.8.:Rennen 5 & 6:
Wieder Sonnenschein. Bei erneut 20 – 25 Knoten Ora meldeten sich Yves und Maja stark mit 1&5 zurück, nachdem sie über Nacht einen neuen Mast geriggt hatten. Sie lagen nun vor dem Layday mit dem ersten Streicher nur 5 Punkte hinter den führenden Edwards/Townend auf dem 2. Zwischenrang. Den beiden GBR gelang an diesem Tag kein Laufsieg mehr (2&4). Es dürfte spannend bleiben… Race 6 gewannen Dave Wade/Iain Blake (GBR), die damit hinter Garner/O Brian (AUS) auf Zwischenrang 4 vorrückten. Giorgia Booth/Oli Davenport  (GBR) fuhren wieder sehr stark (3&3) und positionierten sich vor den Titelverteidigern Tom Gillard/Andy Thompson (GBR) auf Rang 5.  Damit waren jetzt  2 Frauen in den Top 5. Und das bei sattem Wind!
Die weiteren SUIs reihten sich einiges weiter hinten ab Rang 29 ein.  Resultate

Yves & Maja melden sich stark zurück (Foto U. Härdi)

Am Abend fand das gemeinsame Nachtessen im Club statt. Typisch Italienisch mehrgängig, Antipasto, Pasta, Fleisch und Apfelstrudel zum Dessert. Wer wollte, konnte auch noch die lokalen Grappavarianten probieren.

Mittwoch, 27.8.: Layday, keine Rennen
Zeit um sich etwas zu erholen, die Boote zu pflegen oder einfach Musse…

Donnerstag, 28.8.: Rennen 7
Regen war angesagt. Wie sich das auf den Wind auswirken würde, waren wir gespannt. Früher Start um 10 Uhr bei gewitterhaftem Wetter mit Schauern bei 10 – 15 kn Nordwind. Nach dem erstem Massenfühstart kam die schwarze Flagge  hoch. So klappte das Starten wieder. Yves und Maja (SUI) erwischten die beste Spur und fuhren unangefochten als Erste ins Ziel. Die jetzt noch führenden Edwards/ Townend (GBR) wurden 7.  Ihr Vorsprung betrug nun nur noch 2 Punkte. Nach einem weiteren Start störte schon vor der Luvmarke eine Gewitterzelle den Wind, einsetzende Blitze und Regen veranlasste die Wettfahrtleitung uns an Land zu schicken. Fälschlicherweise wurde nach dem Mittag bei beruhigtem Wetter am Flaggenmast bei den Booten A über AP gehisst, während beim Club wieder das Auslaufsignal hing. Nach Hin-Und-Her-Diskussion beliess man es bei A über AP, also keine weiteren Rennen mehr…
Mermod/Moser (SUI) gelang ein 3. Platz, was sie vor dem letzten Tag mit noch 3 möglichen Rennen wieder auf Zwischenrang 25 vorbrachte. R. Baumgartner/Schärer (SUI)  holten einen 18. Platz.  Resultate


(Foto U. Härdi)

Freitag, 29.8.: Rennen 8 & 9. Yves und Maja sind Weltmeister!
Der auf 9 Uhr angesetzte Start wurde mit AP um eine halbe Stunde nach hinten verschoben. Die Ausgangslage war äusserst spannend. Nur 2 Punkte trennte die Führenden Edwards/Townend von  den  zweitplatzierten Yves und Maja…
Rennen 8 konnte bei 10 Knoten Nordwind gestartet werden. An der Luvboje lagen Edwards/Townend in der Spitzengruppe vor Yves/Maja. Diese konnten bis zur Leemarke aber zu ihnen aufschliessen. Mitte der zweiten Kreuz gab der Wind stark nach, wurde trümmlig. Abkürzung war die logische Konsequenz. Kurz vor dem Ziel erhielten Gillard/Thomson von links kommend die entscheidende Böe für den Laufsieg. Yves & Maja, ebenfalls mit Privatböe, aber von rechts, gingen als Zweite über die Linie, vor Dagnino/Capizzi P., dahinter Edwards/Townend als Vierte. Das bedeutete jetzt Gleichstand nach Punkten aber mit Vorteil für die Briten wegen einem Laufsieg mehr…
Es folgte eine lange Pause ohne gescheiten Wind bis nach 14 Uhr.
Immer wieder versuchte die Wettfahrtleitung im aufkommenden Südwind einen Kurs zu legen. Der Wind drehte aber launisch hin und her. Es war klar, dass es nur noch maximal für ein entscheidendes Rennen 9 reichen würde. Erst gegen Rennschluss um 15 Uhr war die Ora so stabil, dass gestartet werden konnte. Zwar mit schiefer Linie, aber immerhin. Links war der Linkslift ausgeprägter, rechts war der Wind dafür stärker. So kamen Boote von beiden Seiten fast gleichzeitig oben an… Yves & Maja  gelang ein optimaler Start am Pinend. Sie kamen so in Führung an die Luvboje und konnten sich etwas absetzen.

Yves & Maja mit Vollgas zu Gold (Foto U. Härdi)

Edwards/Townend arbeiteten sich bis zur Halseboje auf Platz 4 vor, mussten aber zusehen, wie ihre lange gehaltene Führung entschwand Richtung Schweiz. Schliesslich als Dritte im Ziel, mussten sie sich mit WM-Silber zufrieden geben. Gold für Yves Mermod/Maja Siegenthaler, sehr verdient mit sehr guter Geschwindigkeit und Bootsbeherrschung bei allen Bedingungen, nebenbei gesagt auch bestes Mixed-Team. Maja ist die erste Fireball-Vorschoterin mit Weltmeistertitel! Die Titelverteidiger Gillard/Thompson holten Bronze.

Vyv Townend/Dj Edwards (GBR 2.)   Yves Mermod/Maja Siegenthaler (SUI 1.)   Tom Gillard/Andy Thompson (GBR 3.) (Foto U. Härdi)

Den anderen SUI lief es in den letzten zwei Tagen mit weniger Wind deutlich besser: Mehrere Top 20 Ränge konnten eingefahren werden. Mermod/Moser hievten sich so noch auf Schlussrang 16. Auf Rang 55 folgen Bacher/M. Bacher, Ch. Härdi/Landerer C. auf 59, L. Markwalder/Frei auf  61, Nolle/Leemann auf 66, R. Baumgartner/Schärer auf 71, Landerer R./Horvath auf 82, Landerer T./Frank auf 94, M. Suter/Böhm auf 103 der 136 teilnehmenden Teams.

Schlussrangliste | Fotos von Urs Härdi

Nun hat die Schweiz also nach 2006 wieder den Weltmeistertitel inne. Nach dem überragenden Sieg an der SM konnte man auf ein gutes WM-Abschneiden hoffen, aber nicht einfach damit rechnen. Yves und Maja haben mit der Teilnahme an der  Olympiade von Paris vor einem Jahr gezeigt, dass sie im 470er zur Weltspitze gezählt werden können. Mit 2 Laufsiegen dort und dem schliesslich 8. Platz haben sie bewiesen, dass sie mit allen Wassern gewaschen sind. Maja hat 3 Olypiateilnahmen hinter sich, ist zudem kurz vor unserer WM auf dem Yngling als Steuerfrau Vizeweltmeisterin geworden. Nun ist sie als erste Vorschoterin Fireball Weltmeisterin (Joan Ellis – USA 1975 als 1. und einzige Steuerfrau bisher).
Im WM-Feld haben Yves und Maja als Team zu den Leichtgewichten gehört. Trotzdem segelten sie beim starken Wind auch ganz in der Spitze. Es gelang ihnen, ihr Boot mit den zur Verfügung stehenden Trimmeinrichtungen optimal darauf einzustellen. Gepaart mit hervorragendem Bootshandling konnten sie nicht nur mitfahren, sondern auch gewinnen. Auch der Mastbruch im 4. Rennen liess sie nicht verzagen. Sie sind ein gutes Vorbild, was alles möglich sein kann.Yves und Maja werden nun zusammen eine weitere Olympiakampagne im 470er bestreiten. 

Circolo Arco Vela:
Der Club liegt nicht unmittelbar am Wasser. Zwischen See und Club befindet sich der Camping Lido, der für einige gute Unterkunft geboten hat. Das Clubhaus ist eben erst fertig geworden. Ein moderner Betonbau mit Raum für grosse Regatten. Der Club ist gewöhnt an grosse Felder. Vor unserer WM hatte eine Opti-Regatte mit 600 Booten stattgefunden, nachher empfangen sie über 200 OK Jollen für ihre WM. Der Club ist total auf Regattasegeln ausgerichtet: unzählige Schlauchboote, Robo Bojen (ein Muss, der See ist bis 350m tief). Auf dem Gelände stehen modernste Jollen und Cats, ständig fahren Trainingsgruppen aus. Mit dem Kiesstrand auf dem Delta hat es genug Platz für massenweise Boote, die Wasserungsstelle dort ist breit und gut, auch bei Wind. Nach den Rennen gab es jeweils Pasta à discretion zum Zvieri.  Mit den vielen Helfern an Land und auf dem Wasser klappte alles reibungslos.
Als Unterkünfte hat es mehrere Campings rundherum, Appartements und Hotels in Fuss- oder Velodistanz, Supermercatos auch. Besser ist man nicht mit dem Auto unterwegs, die Strassen sind dauerverstopft. Arco ist ein sehr guter Ort für solche Anlässe. Mit Torbole und Riva grad um die Ecke gab es genügend Orte für Verpflegung. Die Klasse hat sich dafür ausgesprochen bald wieder hierher zu kommen…

Der Wind:
Dafür ist der Gardasee berühmt.Von Freitag vor der WM bis Dienstag gab es klassische Ora (Südwind), Windstärke 15 bis 25 Knoten. Sie setzte pünktlich kurz nach Mittag ein. Die Gewitter ab Mittwochabend störten das System, Prognosen wurden schwierig, die Ora kam nicht mehr richtig, der Nordwind blieb mässig bis schwach. Auch am Freitag, dem letzten WM Tag, setzte der Südwind nur zögerlich ein und kam nicht über 10 Knoten.
Was alle wissen: Nur wer bei Ora den Felsen entlang hoch kreuzt hat eine Chance auf vordere Plätze. Das Gleiche gilt beim Runterfahren: Möglichst schnell zu den Felsen reachen, es hat auf dieser Seite einfach stärkeren Wind.
Bei Nordwind war es nicht so eindeutig. Aufzupassen gilt es auf die Anliegelinien. Oft gab es gegen die Luvmarke hin eine Biegung nach links.

Gut zusammengefasste Gardasee-Tipps

Material:
Mit Spannung wurde das Abschneiden der neuen Boote mit Carbon und neuem Cockpitlayout erwartet. Sie sehen besser aus als auf den Fotos und fallen neben den älteren Fireballs nicht sehr auf. Der Wandel ist dezent. 5 solche neuen Boote waren im Feld: 15172, der Prototyp von Hall/Constable, 15173 von Schulz/R. Gray, 15174 von Kings/Loe, 15175 von Wade/Blake und 15176 von Turner/Chesney. Mit Bestimmtheit kann gesagt werden, dass keines dieser Teams durch das neue Boot nach vorn katapultiert wurde. Die Ränge von  Wade/Blake als 5. und Hall/Constable als 12. sind keine Überraschungen und entsprechen den Leistungen an vergangenen WMs. Damit haben die Anstrengungen, dass die neuen Boote nicht schneller sein sollen, gut gefruchtet. 
Mehrere Boote – die neusten aber auch umgerüstete ältere – waren mit den in den neuen Klassenregeln nun erlaubten zentral verstellbaren Wanten unterwegs. Nicht so die ersten 3. Der Vorteil immer verstellen zu können, wird sich wohl in Grenzen halten.

Zukunft:
Hoffentlich hält der hier gezeigte Enthusiasmus weiter an. Auch Jüngere scheinen den Fireball zu mögen. Es waren jedenfalls viele dabei. 
Am Open Forum wurde die WM 2026 vorgestellt. Sie findet in Torquay/Südengland vom 20. bis 31. July statt. Sie ist gekoppelt an die UK Nationals. Eine EM gibt es 2026 nicht.
Kenia hat sich für die WM 2028 beworben. Sie soll im Februar wieder in Kilifi stattfinden, am gleichen Ort wie schon 2003.

Ehrungen:
Neben Dave Hall (GBR) als Chef FI Technical Commitee für seinen riesigen Einsatz für das neue Design und die dazu gehörigen Regeländerungen wurde auch Christina Härdi (SUI) als verdienstvolle Ex-FI Commodore mit FI Life Membership geehrt.

Leider durfte Urs Härdi als Fotograf nach dem Starttag der WM nicht mehr mit aufs Wasser. Der Wettfahrtleiter erachtete sein kleines Gummiboot als zu gefährlich für die  Bedingungen auf dem See. Darum zog er die anfänglich erteilte Bewilligung zurück. Schade. Er hat schon deutlich Wilderes schadlos überstanden…

z.B. WM 2016 in Mossel Bay RSA:

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