Letzte Änderung: 23.7.08 |
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von Ruedi Moser
In den letzten Jahren ging etwas im Seilgeschäft: Als vor Jahren Kevlarschoten den Markt stürmten, wurde von Wunderfaser und Traumeigenschaften geschwärmt. Aber ausser wenig Dehnung und hohem Preis hatten sie eigentlich wenig zu bieten. Sie sind auf Jollen mehrheitlich wieder verschwunden - zu bruchanfällig - und haben Besserem Platz gemacht!
Entwicklungen aus Raumfahrt und Formel-1 beeinflussen auch die moderne Seilkonstruktion. Das Ziel für Verbesserungen der Materialien ist immer dasselbe: Stark aber leicht! Leider ist das nach wie vor gepaart mit 'je besser desto teurer'. Für Seile bedeutet 'besser' hohe Bruchlast und wenig Dehnung (Stretch) bei wenig Gewicht. Geschmeidigkeit, Abriebfestigkeit, UV-Beständigkeit und Spleissbarkeit sind dabei auch nicht unbedeutend.
A propos Bruchlast haben einige moderne Faser mit Stahlseil (bei gleichem Durchmesser) gleichgezogen oder überholt, beim Gewicht sowieso. Es ist schon soweit, dass sich die besten Fasern für die Anwendung in unseren Booten gar nicht lohnen, overkill sozusagen: Die Schoten könnten dünn sein wie Bindfaden, fürs Handling wären sie aber die reine Katastrophe. 4mm Durchmesser wird auch in Zukunft das Minimum bleiben, was Hände ertragen.
Auf unseren Booten ist heute kaum Bruchlast, sondern eher Dehnung der Schlüsselfaktor. Unter Last zeigen verschiedene Materialien unterschiedlichen Stretch. Dann gibt es noch Materialien, die sich unter ständiger Last weiter verlängern (Creep).
Werden Schoten geknotet ist eine massive Beeinträchtigung der Bruchlast zu erwarten – bis 60%! Bei korrektem Spleissen ist das weniger oder gar nicht der Fall. Je weniger plötzlich sich dabei die Dicke der Schot ändert, desto kleiner ist der Verlust.
Günstige Schoten mit guten Allround-Eigenschaften, eignen sich vorallem dort, wo gute Handlichkeit im Vordergrund steht und Dehnung kein Problem ist (z.B. Höhenverstellung Trapezhaken, Spifall).
Diese Schoten haben bedeutend höhere Bruchlast und viel weniger Stretch als die in Polyester. Sie sind sehr geschmeidig, abriebfest und UV-beständig und sind erst noch so leicht, dass sie schwimmen. Wasser wird kaum aufgenommen.
Als günstigste High-Tech-Faser eignet sie sich für alle Arten von Schoten und Fallen. Seile sind mit Mantel oder als 100%Dyneema oder 100%Spectra erhältlich. Ein Nachteil: unter dauernder Last ist Creep zu erwarten! Es kann Drahtseil bedingt ersetzen (nicht als Wanten oder Fockfall).
Das nächst teurere Material ist Vectran mit leicht grösserer Bruchlast und Dehnungsfestigkeit. Es ist eine Spur weniger geschmeidig und abriebfest, weniger UV-beständig und schwerer. Sein Vorteil: kein Creep. Da es unter anhaltender Last nicht nachgibt, eignet es sich besonders für Grossfall, Riggspannung und Strut. Es kann Drahtseil ersetzen.
Dyneema und Vectran sind ab Durchmessern von 1,5mm zu kaufen.
Das Wunder heute ist PBO (Polybenzoxazol oder Zylon): Stärker als alle anderen Seile - auch Stahl - und dabei sehr leicht, dehnt kaum und zeigt absolut kein Creep. Man könnte mit einem solchen 6mm Seil 6 Tonnen heben. Eigentlich nichts für unsere Fireballs, auch viel zu teuer (ca. 50.-/m). Aber in der Formel-1 findet es Anwendung, um die Räder bei einem Crash am Wrack zu halten und auf Americas-Cup Yachten.
Polyester |
Dyneema/Spectra 100% |
Vectran 100% |
Drahtseil 7x19 |
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Preis 3mm pro m |
~ 1.- |
~ 2.- |
~ 3.50 |
~ 3.50 |
Bruchlast 3mm |
~ 150 kg |
~ 1000 kg |
~ 950 kg |
~ 600 kg |
Stretch |
bis 15 % |
bis 3.8 % |
bis 3.3 % |
bis 2 % |
Creep |
ja |
kaum |
kaum |
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Farbe |
diverse |
weiss, oder eingefärbt |
ocker |
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Min. Rollendurchm. * |
5 x Seildurchmesser |
7 x Seildurchmesser |
10 x Seildurchmesser |
* kleinster Rollendurchmesser ohne dass die Bruchlast beeinträchtigt wird
Bei der Schotwahl ist auch die Art der Konstruktion zu beachten, je nach Zweck. Ein Spifall soll zum Beispiel sehr leicht um die Rollen laufen. Der Mantel darf nicht zu eng gewoben sein: darum eher 8fach als 16fach. Bei der Fockschot würde ich aber den 16fach-Mantel dem anderen vorziehen. Er verspricht leichter aus der Klemme zu kommen und die Abriebfestigkeit dürfte besser sein.
Nicht jedes Material braucht einen Mantel. Dyneema und Vectran wird häufig ohne verwendet. Es heisst dann 100%Dyneema oder 100%Vectran. Das verringert die Wasseraufnahme, erhöht natürlich die Bruchlast (bei gleichem Durchmesser) aber auch den Preis. Bei der Riggspannung, beim Baumniederholer, beim Strut, überall dort wo keine Klemme im Spiel ist, kann man gut auf den Mantel verzichten. Anwendung kann es auch als Trapezdrähte finden.
Je nach Konstruktion können dehnungsarme Schoten unter Last ihre runde Form verlieren. Besonders, wenn sie um Rollen oder durch Klemmen laufen, werden sie tendenziell flach.
Diese Schoten sind sehr einfach zu spleissen, wenn sie als 12-fach Geflecht konstruiert sind. Das Seil hat keine Seele, sondern ist quasi als Schlauch gewoben. Diese Konstruktionsart ermöglicht uns relativ einfaches Spleissen! Foto
Unter Last wird das Seil so dünn wie der angegebene Durchmesser (auf den Fotos 3mm). Schiebt man die Schot aber zusammen, wird das Gewebe lose, im Innern des Schlauches entsteht Platz. Da das Gewebe lose ist, lässt sich relativ leicht ein Trinkröhrchen in den Hohlraum schieben. Durch dieses Röhrchen kann dann das zu spleissende Ende in den Schlauch eingeführt oder auch durchgeführt werden. Foto . Natürlich gibt es zu diesem Zweck auch spezielles Spleisswerkzeug zu kaufen.
mögliche Anwendungen:Auge (für Blöcke) | Vorgehen: 1 | 2 | 3 | 4 | 5 |
Verzweigung (z.B. Grossschot) | Vorgehen: 1 | 2 | 3 | 4 | 5 | 6 | 7 |
Verdickung (für Klemmen) | Foto |
bewegliches Auge (höhenverstellbare Trapezdraht) | kurz | lang |
Wenn beide Seile gegenseitig durchstossen sind, hält die Spleissung praktisch ohne Bruchlasteinbusse, für ganz Vorsichtige je 2x durchstossen. Solche Spleissungen lassen sich ohne Schaden auch leicht wieder öffnen. Es empfiehlt sich trotzdem, die Spleissungen durch Abbinden zu sichern.
Anleitung von Marlow Ropes
100%Dyneema und 100%Vectran wird mehr und mehr Drahtseil verdrängen. Schon der Meterpreis ist geringer und Pressungen sind nur mit teuren Werkzeugen zu machen.
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