Letzte Änderung: 9.5.04 |
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Hau rein! |
Schlappheit, Kopfweh oder sogar Blackout auf dem Boot: Auch schon passiert? Sehr hinderlich! Und noch eine Kreuz... . Ursachen?? Keine Müh sparen wir, unsere Unters ätze in Schuss zu halten. Aber wie sieht es aus bei unserem Energiehaushalt?
Nein, ich arbeite nicht neuerdings für Betty Bossi. Es liegt mir auch fern, hier Menüvorschläge zu präsentieren. Es geht lediglich darum, einige grundsätzliche Überlegungen rund ums Essen anzustellen:
Die Nahrungsmittel lassen sich in sechs Hauptgruppen einteilen: Eiweiss, Fett, Kohlenhydrate, Spurenelemente, Vitamine und Wasser. Die Nahrung hat unseren Organismus mit all diesen Gruppen zu versorgen, am besten vielseitig und ausgewogen.
Vitamine und Spurenelemente sind in den meisten Lebensmitteln enthalten, vorallem in Früchten und Gemüse. Zusätze sind normalerweise nicht nötig. Durch unsere häufig warme Segelbekleidung schwitzen wir manchmal auch an kalten Tagen recht viel. Dadurch verliert der Körper auch Mineralien, die man mit Elektrolytgetränken leicht wieder ersetzen kann. Manchmal hat man nach dem Segeln Lust auf etwas Salziges, vielleicht deshalb, weil man es braucht.
Eiweisse kommen hauptsächlich in Fleisch, Fisch, Milchprodukten, Eiern und Soja vor. In erster Linie sind sie nicht Energieliferanten, sondern Baustoffe. Extraeiweiss wird nachgesagt, es bilde mehr Muskeln. Das stimmt nicht. Zusätzliche Muskeln gibt es nur durch Training. Als Wettkampfnahrung sind kein tägliches Steak oder zehn Eier nötig um den Proteinbedarf zu decken. Normale, ausgewogene Kost, sogar vegetarische, genügt vollauf.
Fett brauchen wir vorallem zur Aufnahme der fettlöslichen Vitamine A, D, E und K. (long-f)hnlich wie bei den Eiweissen ist es für uns beinahe unmöglich, nicht genug Fett zu kriegen. Eher das Gegenteil ist der Fall: Fett ist in unserer Nahrung allgegenwärtig. Fett ist geballte Energie, aber zuviel macht fett und belastet den Körper.
Sie sind die zu bevorzugenden Energieträger! Gehirn- und Nervenzellen können ihren Energiebedarf ausschliesslich über den Abbau von Kohlenhydraten in Form von Blutzucker gewinnen! Also rein damit, soviel nur geht! Brot, Müesli, Früchte, Teigwaren, Kartoffeln ,Reis ... Alle finden etwas, das schmeckt. Sie machen nicht dick, solange der Energiehaushalt ausgeglichen bleibt. Energiereserven lassen sich aufsstocken, indem man vor dem Wettkampf sehr viel Kohlehydrate zu sich nimmt und auch noch als Zwischenverpflegung mit aufs Boot nimmt.
Aber aufgepasst! Es gibt zwei Sorten von Kohlenhydraten:
Die Flüssigkeitszufuhr erfordert mindestens soviel Aufmerksamkeit wie die Aufnahme von Nährstoffen. Selbst geringe, nicht ersetzte Flüssigkeitsverluste beeinträchtigen die Leistung. Immer wieder wird der Fehler gemacht, dass man sich auf das Durstgefühl als Signal zum Trinken verlässst. Gerade unter sportlicher Belastung meldet sich der Durst aber erst spät, wenn bereits eine Austrocknung droht. Die geistige Leistungsfähigkeit ist dann schon erheblich gestört, Gleichgewichtsstörungen treten auf und Kopfschmerzen. Erhöhter Puls und Temperatur sind spätere Folgen. Überhitzung kann relativ schnell sogar zu einem Kollaps führen.
Speziell an warmen Tagen wird beim Segeln häufig erheblich geschwitzt. Trinken so oft es geht, ist die einzige Antwort! Schon vor dem Start als Vorrat. ( Schliessslich ist es auch besser, das Gewicht im Körper mitzutragen, als irgendwo in der Flasche im Boot.) Aber was soll's denn sein?
Aufgepasst vor harntreibenden Getränken, die dich mehr Urin ausscheiden lassen, als du zu dir nimmst: Tee, Kaffee, Alkohol. Letzterer verhindert am Abend getrunken das Kompensieren von verlorener Flüssigkeit während des Tages! Sogenannte isotonische oder elektrolytische Getränke (z.B. Isostar, Gatorade) werden vom Körper sehr schnell aufgenommen und enthalten auch Mineralien. Vielen Leuten aber schmecken diese nicht und es braucht Überwindung zum Trinken, was natürlich kontraproduktiv ist.
Reines Wasser kann nicht so schnell absorbiert werden. Mischt man aber zum Beispiel wenig Cola dazu, eignet es sich schon besser. Der enthaltene Zucker hilft auch noch dem Blutzuckerspiegel.
Wir legen sehr viel Gewicht darauf, unser Boot richtig zu trimmen und den jeweiligen Bedingungen optimal anzupassen. Wir verwenden das beste erhältliche Material usw. Wir managen Anreise und Unterkunft , Strategie und Taktik, reparieren Bruch. Legen wir auch soviel Wert auf unseren Körper um seine optimale Leistungsfähigkeit zu erhalten? Häufig kommen wir doch spät, müde, hungrig an den Regattaplatz. Mit folgenden relativ einfachen Massnahmen können wir in Topform bleiben:
Extra Kohlenhydratreiche Mahlzeiten drei Tage vor der Regatte erhöht die Ausdauer der Muskeln um einen Viertel.
Diese Methode wurde für klassische Ausdauersportarten (Langlauf, Marathon, Triathlon usw.) entwickelt: Die Sportler trainieren in der ersten Wochenhälfte vor dem Wettkampf mit kohlenhydratarmer Nahrung. Die Glycogenreserven (Kohlenhydrat in den Muskeln) in den arbeitenden Muskeln werden total aufgebraucht. Die letzten drei Tage wird kohlehydrartreich gegessen. Die zuvor so "ausgehungerten" Muskeln saugen alles Kohlenhydrat auf, das sie nur kriegen können. Ende Woche enthalten die Muskeln doppelt soviel Glycogen wie normal. Sie können im Wettkampf länger arbeiten und kämpfen nicht so stark gegen das Hirn um Blutzucker. Fällt nähmlich der Blutzuckerspiegel, sinkt auch die Entscheidungsfähigkeit und Trägheit macht sich breit.
In angepasster Form bringt diese Methode auch für SeglerInnen, die auch zu den Ausdauersportlern zu zählen sind, Vorteile. SeglerInnen trainieren und achten drei Tage vor der Regatta auf extra kohlenhydratreiche Nahrung. Das Aufladen passiert aber nur in die arbeitenden Muskelgruppen und nicht gleichmässig im Körper. Es müssen also vorallem die Segelmuskeln trainiert werden! Weil Glycogen mit Wasser im Körper gespeichert wird, hilft dieses durch Freiwerden beim Abbau des Glycogens während des Wettkampfs zusätzlich gegen Dehydration.
Bei Leichtwind werden die Glycogenreserven kaum angetastet. Bei viel Wind wirst du aber ausdauernder segeln können und bist im Vorteil gegenüber denen, die schon mit niedrigen Glycogenreserven gestartet sind. Wichtig ist, aufgebrauchte Reserven sofort wieder zu ersetzen.
Kohlenhydrate werden idealerweise als Vollkornbrot, Müesli, Getreide, Teigwaren, Pizza, Reis, Kartoffeln, Früchte, Gemüse, Bohnen und Erbsen zu sich genommen. Kuchen, Guetzli, Süssigkeiten, Chips und Nüssli sollten nicht in Massen gefuttert werden, da sie den Blutzuckerspiegel nicht zur Ruhe kommen lassen und auch viel Fett enthalten. Füllst du den Magen mit einem grossen Stück Fleisch, kannst du umso weniger Kohlenhydrate zu dir nehmen. Geschiehts spät am Abend, beeinflusst es zudem deinen Schlaf.
Alkohol wirkt nicht nur dehydrierend, er vermindert auch die Fähigkeit der Leber signifikant Glycogen für die Muskeln zu produzieren.
Fettige Nahrung (Wurst, Salami) kann auf dem Wasser Seekrankheit begünstigen.
Ein hungriger Körper ist gestresst. Er ist pausenlos damit beschäftigt überall wo's nur geht Energie zu sparen.
Am leistungsfähigsten sind wir, wenn unser Blutzuckerspiegel möglichst ausgeglichen bleibt. Grosse Ausschläge nach unten (Hungergefühl) führen zu verminderter Leistungsfähigkeit, Schläfrigkeit und Konzentrationsschwäche. Wir müssen versuchen unseren Körper mit Zwischenmahlzeiten bei der Stange zu halten. Müeslibars, Bananen, Vollkornbiscuits und Drinks helfen den Hungerast zu verhindern.
Nach dem Wettkampf sollte schon beim Zurücksegeln begonnen werden Energie nachzuschieben und zu trinken. Wer kennt sie nicht, die unbändige Lust alles greifbare zu verschlingen? Der Körper will nach der Anstrengung sein Glycogendefizit möglichst rasch auffüllen. Lässt man diesen Hunger verstreichen, nimmt die Fähigkeit schnell ab, wieder Reserven anzulegen. Je früher man mit dem Auftanken mit Kohlenhydraten beginnt, desto mehr geht rein!
Vor der Regatta sollte idealerweise drei Stunden vorher die letzte Kohlenhydratladung eingenommen werden (z.B. Müeslifrühstück). Nimmt man später viel Kohlehydrate zu sich, zum Beispiel mit einem Carbodrink, kommt es zu einer Gegenregulierung des Organismus und der Blutzuckerspiegel wird abgesenkt, was wir keinesfalls wollen!
Hoffentlich hilft's die Saison ohne Segelkater und auch die letzte Kreuz jeweils ohne zittrige Knie und Gedanken an den Pommeschipssack im Auto zu überstehen! Vielleicht eines noch: Essen ist nicht nur Nahrungsaufnahme. Ein Essen in angenehmer Gesellschaft und Umgebung gehört zu den Freuden des Lebens. Und da gibt es bei den Fireballs wohl kaum Probleme!
Und jetzt habe ich Hunger ...
Ruedi
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